Martin Kucera, Instrumentenbauer und Musiktherapeut bei Naturtonmusik,
war so höflich, mir meine Fragen bezüglich der Klangliege zu beantworten...
Meine Frage: Welche Krankheiten oder Symptome kann man mit der Liege gut behandeln?
- Martin Kucera: Die Klangliege wird als unterstützendes Therapieinstrument in vielen Feldern eingesetzt. In der Musik und Klangtherapie findet sie Anwendung bei Stress, Ängsten oder
depressiven Verstimmungen, ebenso in der neurologischen Rehabilitation (z.B. bei Schlaganfall oder MS) sowie bei Schmerzen oder Spannungszuständen. Auch begleitend in der Psychosomatik,
Geburtshilfe oder für Menschen mit Behinderungen (basale Stimulation) wird sie genutzt. Wichtig ist: Die Klangliege ist kein Heilmittel im engen medizinischen Sinn, sondern ein tragendes
Entspannungswerkzeug. Sie kann Symptome wie Muskelverspannungen, innere Unruhe oder Schlafprobleme mildern und das Wohlbefinden fördern. Hierbei ergänzt sie andere Therapien, ersetzt sie aber
nicht.
Meine Frage: Wieso ist die Klangliege so heilsam? Was haben Sie beobachtet? Was bewirken die Liege oder die Klänge?
- Martin Kucera: Das Behandlungsmonochord (Klangliege) vereint Vibrationen und Klang. Die aufgespielten Saitenschwingungen werden nicht nur gehört, sondern wie ein sanfter "Klangmassage"-Effekt
über den Resonanzkörper auf den Körper des Liegenden übertragen. In der Therapiepraxis und kleinen Studien berichten Anwender*innen über tiefe Entspannung, reduzierte Muskelentspannung und
Beruhigung. Eine klinische Untersuchung von Bossert & Marz (2012) fand beispielsweise heraus, dass Monochord-Behandlungen bei psychisch belasteten Patienten signifikant Angst- und Stresswerte
senken. Auch neurophysiologische Messungen zeigen charakteristische Effekte: So steigt während einer Monochord-Behandlung der Anteil langsamer Theta-Wellen im EEG (typisch für entspanntes
Wach-Sein oder "Flow") und es nimmt die Beta-Aktivität ab. Diese Daten stützen, dass Klangliege-Sitzungen Aufmerksamkeit bündeln und Gefühle beruhigen können. Subjektiv fühlen sich viele Menschen
nach einer Anwendung ausgeglichener, manchmal schläfrig. Hormone wie Cortisol scheinen durch Entspannung abzusinken (vergleichbare Stresseffekte einer Studie an Zebrafischen liessen sich durch
Klangtherapie reduzieren), auch wenn belastbare Messungen beim Menschen fehlen. Zusammengefasst: Die Klangliege fördert durch ihre vibro-akustische Stimulation messbare Entspannungsreaktionen und
eine angenehme innere Haltung.
Meine Frage: Wieso werden die Kombinationen G und C oder Cis und Gis gemacht? Warum gerade diese Kombinationen? Was bewirken diese?
- Martin Kucera: Das Behandlungsmonochord von Naturtonmusik ist klassischerweise auf zwei Töne gestimmt, die im Quintabstand zueinander liegen (C/G. Cis/Gis. oder D/A) Ein Quintintervall
(Frequenzverhältnis 3:2) ist sehr resonanzfähig und erzeugt harmonisch reiche Schwingungen. Aus physikalischer Sicht liegen bei einem Quintintervall viele Teiltöne (Obertöne) übereinander, was
den Klang besonders voll und stabil macht. In der Praxis hat sich C/G, Cis/Gis oder D/A bewährt, weil diese Grundtöne durch die Instrumentenlänge und -spannung gut realisierbar sind. Es geht
weniger um einen "heilenden" Zauber dieser speziellen Töne als vielmehr um das harmonische Resonanzverhältnis. Die Schwingungen unterstützen sich gegenseitig und die Klangfarbe wirkt
ausgeglichen.
Meine Frage: Was bewirkt der Hohlkörper von der Klangliege?
- Martin Kucera: Der Hohlkörper (Resonanzkörper) der Klangliege verstärkt und verteilt den Klang. Wie bei Streich- oder Zupfinstrumenten ist das Gehäuse geformt, so dass die Schwingungen der
Saiten optimal an den Raum abgegeben werden. Physikalisch gesehen wirkt der Resonanzraum wie ein Verstärker: Er schwingt mit (je nach Dimensionen auf bestimmte Frequenzen) und überträgt so mehr
Schallenergie in die Umgebung. Dadurch wird der Klang voller und wärmer hörbar und auch die vibrierende Fläche grösser - das trägt zur spürbaren Massagewirkung bei.
Meine Frage: Was sind Obertöne und warum sind gerade diese so heilsam?
- Martin Kucera: Obertöne sind harmonische Teiltöne, also Frequenzen, die als Vielfaches des Grundtons mitschwingen. Bei Saiteninstrumenten sind dies ganzzahlige Vielfache der Grundschwingung.
Wäre die Grundfrequenz also beispielsweise 100Hz (einfachheitshalber), sind die Obertöne 200Hz, 300Hz, 400Hz, 500Hz, 600Hz, usw... Diese Obertöne bestimmen die Klangfarbe eines Instruments. Ein
Instrument wie das Monochord mit vielen gleichzeitig schwingenden Saiten erzeugt viele Obertöne und diese interferieren miteinander, deshalb klingt es besonders üppig und komplex. Dass Obertöne
als "heilend" gelten, ist wissenschaftlich nicht belegt. Ihre wahrgenommene Wirkung liegt eher darin, dass reiche Klangspektren intuitiv als angenehm und eindringlich empfunden werden.
Untersuchungen zeigen, dass vibroakkustische Klänge mit vielen Obertönen tatsächlich starke Entspannung und einen positiven Erlebenszustand auslösen können. Ich beobachte auch in der Praxis, dass
Menschen reiche Klangmischungen meist als wohltuend empfinden. Dahinter steckt vermutlich, dass solche komplexen Töne unsere Sinneswahrnehmung stärker fesseln und "Flow"-Erlebnisse begünstigen.
Einen mystischen Effekt kann man Obertönen jedoch nicht zuschreiben. Ihre Wirkung erklärt sich über Physiologie uns Psychologie der Wahrnehmung.
Meine Frage: Was halten Sie von der Bedeutung, ein Instrument auf 432Hz anstelle von 440Hz zu stimmen? Ist der Unterschied von so grosser Bedeutung, wie im Moment gesagt wird, oder wird
Ihrer Meinung nach zu viel Wirbel veranstaltet?
- Martin Kucera: Die heute weltweit gebräuchliche Stimmfrequenz ist A=440Hz. Manche Musiker plädieren auf A=432Hz als harmonischer, weicher. Aktuelle wissenschaftliche Studien sehen hierin
jedoch keinen Vorteil. Es gibt derzeit keine robuste Evidenz, dass 432Hz nachweisbar heilende Wirkungen hat oder entscheidend stärker beruhigt. Solche Effekte sind vermutlich eher
individuell und subjektiv. Insgesamt erscheint der Trubel um 432Hz im Verhältnis zum wissenschaftlichen Befund überbewertet. Entscheidend für die therapeutische Wirkung ist die Klangqualität und
das Stück an sich, nicht wenige Hertz: Beide Stimmungen können zu Entspannung führen, solange sie angenehm und nicht zu laut eingesetzt werden. Es zeigt sich klar, dass diese Art von
wissenschaftlich nicht haltbarer "Zahlenmagie" einzig zu Marketingzwecken ausgenutzt wird. Es gibt keine einzige belastbare "Studie" und keine Vertreter hiervon, die nicht auch etwas verkaufen
wollten...
- Martin Kucera: Als Instrumentenbauer und Musiktherapeut lege ich Wert darauf, Klangwirksamkeit wissenschaftlich zu betrachten. Die Klangliege kann nachweislich tiefe Entspannung fördern und
wird vielseitig therapeutisch genutzt. Dabei handelt es sich um eine sinnvolle Ergänzung zu anderen Verfahren, ist aber keine "Esoterik-Heilkur".
- Die Realität ist komplex und nicht starr.
Vielen Dank an Martin Kucera, Naturtonmusik.ch